Mit der Veröffentlichung im Boletín Oficial de Canarias Nr. 246 vom 12. Dezember 2025 ist auf den Kanarischen Inseln ein neues Gesetz zur Regulierung der touristischen Nutzung von Wohnraum in Kraft getreten. Ziel der Neuregelung ist es, den stark wachsenden Markt der Ferienvermietungen zu ordnen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Tourismus, Wohnraum und nachhaltiger Raumentwicklung herzustellen.
Ein grundlegender Kurswechsel bei Ferienwohnungen
Mit dem neuen Gesetz zur touristischen Nutzung von Wohnungen vollzieht die Autonome Gemeinschaft der Kanarischen Inseln einen deutlichen Kurswechsel. Ziel ist es, die unkontrollierte Ausbreitung von Ferienwohnungen einzudämmen, den Wohnungsmarkt zu entlasten und Nutzungskonflikte zwischen dauerhaftem Wohnen und touristischer Vermietung zu vermeiden. Erstmals wird klar und ausdrücklich festgelegt, dass die touristische Vermietung von Wohnungen keine Form des Wohnens ist, sondern eine wirtschaftliche Tätigkeit, die raumordnerisch gesteuert und begrenzt werden darf.
Diese rechtliche Klarstellung ist zentral, denn sie bildet die Grundlage für weitreichende Einschränkungen, neue technische Anforderungen und ein deutlich verschärftes Sanktionssystem.
Touristische Nutzung ist kein Wohnen
Das Gesetz trennt strikt zwischen Wohnnutzung und touristischer Nutzung. Wohnungen, die kurzfristig an Gäste vermietet werden, gelten rechtlich nicht mehr als Wohnraum, sondern als touristische Beherbergungsbetriebe. Damit unterliegen sie nicht nur dem Tourismusrecht, sondern auch einer gezielten städtebaulichen Steuerung.
Gemeinden erhalten die Kompetenz zu entscheiden, ob, wo und in welchem Umfang Ferienwohnungen überhaupt zulässig sind. Dabei müssen sie Aspekte wie Infrastruktur, Umweltbelastung, Bevölkerungsentwicklung, Mietpreise und die sogenannte „Aufnahmekapazität“ eines Gebiets berücksichtigen. In bestimmten Zonen kann die touristische Nutzung vollständig ausgeschlossen werden.
Aktuelle Zahlen der Ferienwohnungen auf den Kanaren
Im Gesetz werden auch konkrete Zahlen zur Entwicklung der Ferienwohnungsvermietung auf den Kanarischen Inseln genannt. Zwischen November 2022 und November 2023 stieg die Zahl der offiziell registrierten Ferienwohnungen um 25,7 %, von 38.603 auf 48.541 Einheiten im gesamten Archipel. Dieses Wachstum setzt sich auch 2024 weiter fort.
| Insel | Ferienwohnungen | Betten |
| Lanzarote | 8.815 | 39.346 |
| Fuerteventura | 7.620 | 30.400 |
| Gran Canaria | 14.457 | 61.001 |
| Teneriffa | 25.769 | 104.427 |
| La Gomera | 1.179 | 3.922 |
| La Palma | 1.731 | 6.459 |
| El Hierro | 575 | 1.996 |
| Total | 60.146 | 247.551 |
Diese Zahlen verdeutlichen die dynamische Entwicklung des Ferienwohnungsmarktes auf den Kanaren und zeigen, warum das Gesetz sowohl regulatorische als auch statistische Instrumente vorsieht, um eine nachhaltige Steuerung der Ferienwohnungsvermietung zu ermöglichen.
In absoluten Zahlen ist ausdrücklich auf den drastischen Rückgang der in den Kanarischen Inseln seit der Finanzkrise 2008 errichteten Wohnungen hinzuweisen. So wurden im Jahr 2022 lediglich 2.782 Wohnungen gebaut, gegenüber 3.011 Wohnungen im Jahr 2021, 1.341 im Jahr 2020, 3.103 im Jahr 2019 oder 2.192 im Jahr 2018. Ohne unerwähnt zu lassen, dass in den Jahren 2020 und 2021 keine einzige Sozialwohnung auf den Kanarischen Inseln gebaut wurde, ebenso wenig wie im Jahr 2018, und dass lediglich 60 geschützte Wohnungen im Jahr 2019 und 208 im Jahr 2022 errichtet wurden.
Die vorstehenden Daten zeigen, dass zur Wiederherstellung der dauerhaften Wohnnutzung der derzeit 60.146 Wohnungen, die einer touristischen Nutzung zugeführt werden, und bei einer durchschnittlichen jährlichen Bauleistung von 3.000 Wohnungen zwanzig Jahre erforderlich wären, um diesen Bestand wiederzuerlangen – abgesehen selbstverständlich von der zusätzlichen Zahl an Wohnungen, die der jährliche Bevölkerungszuwachs erforderlich macht.
Neue technische und qualitative Anforderungen
Das Gesetz führt detaillierte Mindestanforderungen für Wohnungen ein, die touristisch genutzt werden sollen. Grundsätzlich müssen solche Wohnungen mindestens 35 Quadratmeter Wohnfläche aufweisen. Bei höherer Belegung steigt auch die Pflicht zur Ausstattung mit zusätzlichen Badezimmern. Abweichungen von der Mindestfläche sind nur dann zulässig, wenn die Wohnung besondere qualitative Merkmale bietet, etwa einen privaten Stellplatz, einen Pool, Sport- oder Wellnesseinrichtungen, großzügige Außenflächen oder besondere Umwelt- und Energiezertifizierungen.
Zudem verschärft das Gesetz die energetischen Anforderungen erheblich. Ferienwohnungen müssen bestimmte Energieeffizienzklassen erfüllen, erneuerbare Energien für die Warmwasserversorgung einsetzen und künftig auch die strengeren Vorgaben der EU-Energieeffizienzrichtlinie einhalten. Hinzu kommen Pflichten zur Lärm- und Belegungsüberwachung, zur Einhaltung von Barrierefreiheitsvorgaben sowie zur Sicherstellung eines direkten, realen Zugangs zur Wohnung.
Besonders deutlich ist das Verbot der touristischen Nutzung sogenannter „Infraviviendas“. Darunter fallen etwa Container, Behelfsbauten, selbst errichtete Hütten oder andere baulich ungeeignete Räume. Diese dürfen künftig weder touristisch genutzt noch beworben werden.
Vollständige technische und qualitative Anforderungen für Ferienwohnungen
(gemäß Artikel „Sieben: Technische Anforderungen der Wohnung für die touristische Nutzung“)
1. Mindestgröße und sanitäre Ausstattung
Grundsätzlich gilt:
Die Wohnung muss mindestens 35 m² Nutzfläche haben.
Bei mehr als 4 Betten sind mindestens 2 vollständige Badezimmer erforderlich.
Bei mehr als 8 Betten sind mindestens 3 vollständige Badezimmer erforderlich.
Ausnahmen von der Mindestgröße
Eine kleinere Wohnung kann dennoch zugelassen werden, wenn sie mindestens die jeweils geltenden wohnrechtlichen Mindestflächen erfüllt und mindestens eine der folgenden Zusatzbedingungen erfüllt ist:
Privater Stellplatz für Gäste auf demselben Grundstück
Privater oder gemeinschaftlicher Pool auf demselben Grundstück
Sportanlagen (z. B. Fitnessraum, Tennis, Padel, Reiten o. Ä.) auf demselben Grundstück
Gesundheits-, Wellness- oder Beauty-Einrichtungen (z. B. Spa, Thalasso, Physiotherapie)
Private Außenflächen für Gäste:
im städtischen Gebiet: mindestens 9 m² Grundstücksfläche pro Gästebett
im ländlichen Gebiet: mindestens 100 m² Grundstücksfläche pro Gästebett
Zertifizierte Ladestation für emissionsfreie Fahrzeuge
Qualitäts- oder Umweltzertifizierung, insbesondere:
Spanisches Qualitätssystem für Tourismus
EMAS (EU-Umweltmanagementsystem)
Energiewende-/Dekarbonisierungsplan mit Ziel:
klimaneutral oder klimapositiv innerhalb von 5 Jahren
Energieeffizienzklasse A oder B
System zur Lärm- und Belegungsüberwachung mit sofortiger Eingriffsmöglichkeit
Weitere kommunale Anforderungen aus Gründen:
des Gesundheitsschutzes
der Sozialpolitik
des Arbeits- und Umweltschutzes
des Kulturerhalts
oder aus zwingendem öffentlichen Interesse
Nachweis der Selbstständigkeit: Der Betreiber muss als Selbstständiger direkt mit der Vermietung verbunden sein
2. Technische Mindestanforderungen an die Ausstattung
a) Klimatisierung
Kühlgeräte (Klimaanlagen) müssen mindestens Energieeffizienzklasse A haben
Ausnahmen nur bei:
technischer Unmöglichkeit
Umweltschutzgründen
wirtschaftlicher Unverhältnismäßigkeit
→ jeweils begründet im städtebaulichen Plan
b) Energieeffizienz der Gebäude
Gebäude bis 31.12.2007: mindestens Energieklasse F
Gebäude nach 31.12.2007: mindestens Energieklasse D
Ausnahmen:
Gebäude, die rechtlich von der Energiezertifizierung ausgenommen sind
Gebäude mit Denkmalschutz oder ähnlichen Einschränkungen
→ dann ist die höchstmögliche zulässige Energieklasse zu erreichen
Zusätzlich gilt: Bei jeder neuen Anmeldung müssen die Vorgaben der EU-Richtlinie 2023/1791 zur Energieeffizienz erfüllt werden (dynamische Verschärfung).
c) Warmwasserversorgung (ACS)
Warmwasser muss vorrangig durch Solarthermie erzeugt werden, wenn technisch möglich.
Alternativ zulässig:
andere erneuerbare Energien, wenn:
CO₂-Emissionen
Primärenergieverbrauch
mindestens gleich gut oder besser sind als bei Solarthermie.
Mindestanteil erneuerbarer Energien:
Gebäude vor 31.12.2007: mindestens 70 %
Gebäude nach 31.12.2007: mindestens 90 %
Ausnahme: Denkmalschutz oder rechtliche Unmöglichkeit.
d) Erreichbarkeit
Die Wohnung muss über eine direkte, befahrbare Zufahrt verfügen. Ist die Zufahrt nicht asphaltiert, muss dies: ausdrücklich in Werbung und Vermarktung angegeben werden.
e) Barrierefreiheit
Es gelten die zum Zeitpunkt der Anmeldung gültigen Vorschriften zur Barrierefreiheit. Maßgeblich ist der Stand der Gesetzgebung bei Einreichung der Erklärung.
3. Übergeordnete Zielvorgaben
Alle Anforderungen stehen im Kontext folgender gesetzlicher Ziele:
Gebäudesicherheit und Bewohnbarkeit
Gesundheitsschutz
Brandschutz
Energieeinsparung
Lärmschutz
Nachhaltiges Bauen
Umweltschutz
Klimaneutralität
Barrierefreiheit
Nachhaltige Mobilität
Umweltbewusstsein
Starke Rolle der Gemeinden und Inselräte
Die Gemeinden sind verpflichtet, ihre Bebauungs- und Nutzungspläne an das neue Gesetz anzupassen. Tun sie dies nicht innerhalb von fünf Jahren, übernehmen die jeweiligen Inselräte (Cabildos) diese Aufgabe ersatzweise. Dadurch soll verhindert werden, dass Untätigkeit einzelner Kommunen die Wirkung des Gesetzes unterläuft.
Zudem können Gemeinden klare Obergrenzen für touristische Betten in Wohngebäuden festlegen und diese an die tatsächliche Belastbarkeit eines Viertels oder Ortes koppeln.
Umwandlung touristischer Gebäude in Wohnraum
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Gesetzes betrifft bestehende touristische Anlagen, die faktisch bereits stark „residentialisiert“ sind, also überwiegend dauerhaft bewohnt werden. Eigentümer solcher Gebäude können innerhalb einer Frist von drei Jahren beantragen, die Nutzung vollständig auf Wohnen umzustellen.
Wird eine solche Umnutzung genehmigt und planerisch festgeschrieben, ist eine spätere Rückkehr zur touristischen Nutzung dauerhaft ausgeschlossen. Das Gesetz verfolgt damit das Ziel, dauerhaft Wohnraum zu sichern und spekulative Nutzungswechsel zu verhindern.
Übergangsregelung für El Hierro, La Gomera und La Palma
Für die drei kleineren und strukturell besonderen Inseln El Hierro, La Gomera und La Palma enthält das Gesetz eine ausdrücklich geregelte Übergangsphase. In den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes findet eine bestimmte Einschränkung noch keine Anwendung.
Konkret geht es um die Regelung des Artikel 7 Absatz 7 Buchstabe c, der es den Planungsinstrumenten erlaubt, die touristische Nutzung von Wohnungen allein aufgrund von Kapazitäts- und Belastungsgrenzen zu begrenzen oder auszuschließen. Diese Bestimmung wird auf den genannten Inseln vorübergehend ausgesetzt.
Der Gesetzgeber trägt damit den besonderen Gegebenheiten dieser Inseln Rechnung: geringere Bevölkerungsdichte, weniger angespannten Wohnungsmärkten und einer stärkeren wirtschaftlichen Abhängigkeit vom kleinteiligen Tourismus. Wichtig ist jedoch: Es handelt sich nicht um eine generelle Ausnahme vom Gesetz, sondern lediglich um eine zeitlich begrenzte Nichtanwendung eines einzelnen Steuerungsinstruments. Alle übrigen technischen, registrierungsrechtlichen und sanktionsrechtlichen Vorgaben gelten auch dort.
Deutlich verschärfte Sanktionen
Das Gesetz erweitert den Katalog schwerer Ordnungswidrigkeiten erheblich. Bereits die Werbung für eine Ferienwohnung ohne Registrierungsnummer gilt als Verstoß. Besonders schwer wiegt die touristische Nutzung ohne Genehmigung oder nach dem Entzug der Erlaubnis. Solche Verstöße können mit Geldbußen zwischen 15.000 und 150.000 Euro geahndet werden.
Auch falsche Angaben, unvollständige Erklärungen oder das Ignorieren behördlicher Aufforderungen werden ausdrücklich sanktioniert.
Fazit
Dieses Gesetz markiert einen Wendepunkt für Ferienwohnungen auf den Kanarischen Inseln. Die touristische Vermietung wird klar als gewerbliche Nutzung eingeordnet, räumlich gesteuert und qualitativ deutlich aufgewertet. Für Eigentümer bedeutet das mehr Pflichten, höhere Anforderungen und weniger Spielraum – für den Wohnungsmarkt und die Gemeinden jedoch ein Instrument zur Stabilisierung und langfristigen Steuerung.
Wer Ferienwohnungen betreibt oder dies plant, sollte sich frühzeitig mit den neuen Vorgaben auseinandersetzen. In vielen Fällen wird künftig nicht mehr die Frage sein, wie man vermietet, sondern ob dies an einem bestimmten Ort überhaupt noch zulässig ist.
Wer den vollständigen Gesetzestext einsehen möchte, findet ihn auf der offiziellen Website des Gobierno de Canarias.
DE
EN
ES